Dass ein altes Buch unter Umständen mehr Wert sein kann als jedes andere Wertpapier, Fonds oder Edelmetalle, bewies der Verkauf der ersten arabischen Ausgabe der „Canon medicinae“ von Avicenna (Rom 1593). 1976 erstand der Einlieferer das seltene Werk für damals 3800 DM (Hammerpreis) bei Reiss & Sohn, nach 35 Jahren entschied er sich nun zum Wiederverkauf. Als gestern Abend bei 150.000 Euro der Hammer fiel, entsprach das einer jährlichen Rendite von 220%.
Das teuerste Objekt der Auktionen, die erste italienische Plinius-Ausgabe der „Historia naturalis“ konnte für 195.000 Euro (Hammerpreis) seinen Besitzer wechseln. Die prachtvoll illuminierte Inkunabel aus dem Jahr 1476 erhielt im 19. Jahrhundert einen Meistereinband durch René Simier und gilt als das erste wichtige gedruckte Buch im Bereich der Naturwissenschaften. Einen weiteren überraschenden Zuschlag erzielte mit 120.000 Euro (Taxe 10.000 Euro) eine zeitgenössische oder nur wenig spätere Abschrift des „Reiss Buch gen Jerusalem“ des J. Bundi. Dieses „Tagebuch“ beschreibt die Pilgerfahrt des Abtes des Klosters Disentis (Schweiz) in den Jahren 1591-92 über Korfu und Zypern nach Jaffa und von dort nach Jerusalem.
Der prächtige, reich vergoldete rote Maroquineinband des von G. Targioni Tozzetti erstellten Katalogs des Naturalienkabinetts des Palazzo Pitti in Florenz ziert den Deckel des Sonderkatalogs der Auktion 147 „Ausgewählte Bücher – Inkunabeln“. Bei der prachtvoll gebundenen italienischen Handschrift aus dem Jahr 1763 handelt es sich um ein Geschenkexemplar für Kaiser Franz I. Das Unikat konnte seine Schätzung von 10.000 Euro mit einem Zuschlag von 34.000 Euro mehr als verdreifachen.
Die einzige Ausgabe von N. J. v. Jacquins prachtvoller und seltener Flora Österreichs (Wien 1773) konnte mit 42.000 Euro (Taxe 35.000) für einen Bieter am Telefon zugeschlagen werden; das mit 250 altkolorierten Kupfertafeln versehene Werk „Nederlandsche vogelen“ von C. Nozeman und M. Houttuyn (Amsterdam 1770-1829) übertraf mit einem Zuschlag von 47.000 Euro ebenfalls seine Taxe von 40.000 Euro.
Auch die am Mittwochvormittag begonnene Auktion mit Reisewerken, Atlanten und Landkarten begann überaus erfolgreich. Zwar hatte sich in den letzten Jahren ein Anstieg der Preise im Bereich der alten Reisefotografie abgezeichnet, jedoch wurde ein Album mit 12 Aufnahmen des Yosemite-Nationalparks, 1867 vom britischen Fotografen E. Muybridge fotografiert, mit einer Taxe von 6.000 Euro stark unterschätzt. Nach einem spannenden Bietgefecht am Telefon fiel der Hammer schließlich bei beachtlichen 85.000 Euro für einen Händler aus dem europäischen Ausland.
Ebenfalls erwähnenswert ist der Zuschlag von 70.000 Euro (Taxe 80.000) für eine von P. Forlani gestochene Weltkarte aus dem Jahr 1570.