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Alchymia manuscripta. 5 Bde.
verkauft
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Auktionsablauf:
27.10.2020 / Los 1-94 / Sitzungsbeginn 9.30 Uhr
Aus den Bibliotheken Hoditz, Chorinsky und Tränker
Alchemie. - Alchymia manuscripta (und ähnliche Rückentitel). 5 umfangreiche Bände mit Sammelhandschriften, ursprünglich aus der Bibliothek der Grafen v. Hoditz in Roßwald (Nordmähren). Deutsche u. lateinische Handschriften auf Papier. Ca. 1670-1740. 4to (ca. 21:18 cm). Von verschiedenen Händen mit braunen u. baunschwarzen Tinten in Kursiven geschrieben. Ldr. d. Zt. mit rotem Rsch., je 3 u. 2 Bde. ähnlich gebunden; mit Gebrauchsspuren, 1 Rücken oben mit Fehlstellen.
Die nachfolgend näher beschriebenen Bände stammen aus einer umfangreicheren Reihe von Sammelhandschriften zu Alchemie und Medizin, die offensichtlich für die Bibliothek der Grafen v. Hoditz in Roßwald (Slezské Rudoltice) zusammengestellt wurden, hier sind zu nennen Julius Leopold v. Hoditz (1640-1693) und seine Ehefrauen Barbara Catharina, geb. v. Nostitz (gest. 1681) und Susanne Polyxena Christina, geb. v. Mansfeld-Vorderort (1640-1693; in erster Ehe v. Berchtold) sowie dessen Sohn, Karl Joseph v. Hoditz (1673-1741). Dessen Sohn wiederum, Albert Joseph v. Hoditz (1706-1778; vgl. ADB XII, 540f.) baute das Schloss Roßwald und den zugehörigen Park prächtig aus, brachte aber sein Vermögen durch und starb als persönlicher Freund Friedrichs II. in Potsdam. Durch Heirat gelangte die Bibliothek an Ignaz Dominik v. Chorinsky (1729-1792), der 1754 Maria Barbara v. Hoditz (1735-1785) geheiratet hatte. Alle Bände tragen sein gestochenes Wappenexlibris. Durch Erbgang gelangte die Bibliothek Chorinsky, die im Schloss von Groß-Hoschütz (Velké Hoštice) stand, an die Grafen v. Sprinzenstein. Teile der Bibliothek wurden 1930 und 1931 in drei Auktionen von Hans Götz, Hamburg versteigert; der erste Katalog enthielt hauptsächlich Medizin sowie Alchemie und okkulte Wissenschaften. Da Hans Götz den ersten Katalog (Nr. 54, "Bibliothek von Chorinski") zur Versteigerung am 16./17. Juni 1930 innerhalb von zwei Wochen alleine erstellen musste, konnte er Manuskripte erst für den zweiten Katalog (22./23. September 1930) beschreiben. Dass die vorliegenden Sammelhandschriften nicht in die Götz'schen Kataloge eingegangen sind, liegt offenbar daran, dass Hans Götz nur die ursprüngliche Chorinsky-Bibliothek versteigerte, die etwa seit Beginn des Dreißigjährigen Krieges zusammengetragen worden war. "Die Sammeltätigkeit der direkten Nachfolger des Begründers dieser Bibliothek muß mit etwa 1720 als beendet angesehen werden. Alle späteren Bücher sind Zugaben und Neuankäufe, die durch die Vermählung des Grafen Ignatz-Dominik Chorinsky mit Gräfin Barbara von Hoditz um die Mitte des 18. Jahrhunderts hinzukamen" (Katalog 54, S. 8). Zwei weitere Besitzer der Bände lassen sich durch private Stempel nachweisen: (Ernst) Robert Petroschka aus Königsberg und Heinrich Tränker (1880-1956), Verlger, Antiquar und Gründer der "Pansophischen Loge". Zu ihm und seinen vielfältigen Aktivitäten ausführlich Volker Lechler, Heinrich Tränker als Teospoh, Rosenkreuzer und Pansoph, Stuttgart 2013. Tränkers sehr umfangreiche erste Bibliothek bildete den Grundstock zu den Katalogen 594-597 und 599 (Geheime Wissenschaften) des Münchner Antiquariats Ackermann aus den Jahren 1926-1928; Tränker hat danach jedoch weiter gesammelt. 1933 überschrieb er seine Bibliothek pro forma an seinen Vertrauten Robert Petroschka (vgl. Lechler, S. 512ff.).
Die drei Bände aus der Reihe "Alchymia manuscripta" sind etwas aufwendiger, mit Rückenvergoldung, gebunden und haben ein sechseckiges rotes Rückenschild; die anderen beiden Bände sind etwas schlichter mit einem rechteckigen roten Rückenschild. Alle Bände haben am Rücken unten eine mit weißer Farbe angebrachte Signatur. Die Kollationen beziehen sich auf die von alter Hand angebrachten Paginierungen, diese wurden von uns nicht überprüft.
Alchymia manuscripta (F 16). 1104 S. Enthält Briefe aus den Jahren 1698 bis 1727, die an Mitglieder der Familie v. Hoditz gerichtet sind und medizinischen oder alchemistischen Inhalts sind. Da die Briefe beim Binden teilweise beschnitten wurden, sind gelegentlich die letzten Zeilen oder die Unterschriften an- oder abgeschnitten worden.
Alchymia manuscripta (F 17). 1046 S. (S. 1043ff. weiß). Dieser Band wird eingeleitet durch "Non plus ultra veritas hoc est scrutinium scientiae hermeticae" (41 S.), eine Abschrift des 1702 bei Widmannstetter in Granz erschienenen Drucks (Graff 991). Enthält daneben zahlreiche medizinische Rezepte von verschiedenen Händen, wie "Ein Vortreffliches Vor bodagra ißt an Viellen probiert worden" und "Ludus Paracelsi contra podagra", ein 28. Febr. 1679 datiertes Rezept mit Urin, "Das beßte (Aurum) Potabile" (gezeichnet Michel Pengart, "brunae", 17. Aug. 1713), aber auch "Die Wahren Alchimüsten Constitutieren vier Elementen (etc.)" (32 S.) und "Proba in zusammengesetzen Menschen" (Text lateinisch, Zusatz: conceptus 6 aug. 1692). Sehr bemerkenswert ein Rezept von Giuseppe Francesco Borri (1627-1695), dem italienischen Abenteurer, Arzt und Alchemisten, "Balsami Antiapoplectici Descriptio", unterschrieben "Franciscus Josephus Borri. p.". Ob es sich um ein Autograph handelt, können wir nicht entscheiden.
Alchymia manuscripta (F 14?). 1044 S. (S. 1038ff. weiß). Unter den umfangreicheren Texten: 1. Secretorum secreta (56 S.). - 200 Rezepte in deutscher Sprache. - 2. Jonas Petriner (pseud.). Der Catholischen Ascher Mittwoch. (46 S.). - Eine andere Abschrift des 1718 datierten Textes befindet sich in der Wellcome Library (MS. 4856). - 3. Speculum Philaleticum ex mercurialibus conflatum substantiis. - Es gibt eventuell dazu eine Druckausgabe. 4. Johanes Georgius Rayman chirurgiae studiosis Anno 1675 (91 S.). - Ein in die Alchemie einführender Text in deutscher Sprache; mit einigen kleinen Zeichnungen. - 5. Ein "an baron bär aus london geschribener brif" (21 S.). In deutscher Sprache, datiert 24. Dez. 1737. - Außerdem u.a. bemerkenswert ein Rezept "Urina puerorum" mit einem Begleitbrief von von Barbara Catharina Elisabeth v. Nostitz an ihren Schwiegersohn Julius Leopold v. Hoditz, datiert Jauer, 23. Mai 1678.
Manuscripta chymica varia (F 38). 16 Bll. Index, 882 S. Über die Entstehung dieses Bandes klärt ein hinten eingehefteter Zettel auf: "Copia des buchs so von apotecker May bekom(m)en word(en) / hat 115 1/2 bogen". Es handelt sich also um die komplette Abschrift einer Handschrift aus dem Besitz eines Apothekers, der sie vielleicht auch zusammengestellt hat. Enthalten sind u.a. Auszüge aus gedruckten Büchern, z.B. aus Johann Christoph Ettner v. Eiteritz' "Deß Getreuen Eckardts verwegener Chirurgus" (1698) und aus "Curiöse Anmerckungen über ein und ander natürliche Dinge" von Paolo Boccone (1697) - hier zum Abschnitt "De Aethere" eine gefaltete farbige Zeichnung, offenbar die Wiedergabe einer Kupfertafel. Ferner enthalten "Vom Ph(ilosoph)ischen Steine. Ein schöner Tractat von einem deutschen Ph(ilosphen) im Jahr 1423…" (28 S.), gedruckt 1625 in "Dyas chymia tripartita" (vorliegend aber mit anderer Kapiteleinteilung, die Elemente sind mit Zeichen wiedergegeben etc.)., außerdem z.B. Auszüge aus Werken von Nicolas Lémery und Daniel Sennert. Ein deutscher Text, betitelt "Monstrum muris", offenbar nach einem Einblattdruck "Warhafftige Relation... eines wunderbarlichen Wunder-Thiers oder Monstrum, so man gefunden hat nahe bey der Stadt Siena (Regensburg 1679 oder etwas abweichend Straßburg 1679). Es sind sicherlich auch Abschnitte enthalten, die nicht aus Druckwerken stammen, so vielleicht "Discours von den Incubis und Succubis", "Geheimmes secret aus großen Perlen kleine zu machen", "Zähn Schnupf Taback", "Daß dich alle weiber Lieb haben" oder "Für das abnehmen". Außerdem z.B. ein Text "Magische Sigilla, Ringe und figuren" mit kleinen Zeichnungen.
Aurea Catena Homeri (F41). Enthält nur wenige, deutlich voneinander abgegrenzte Texte, meist Werke des Sektierers Paul Felgenhauer sowie eines, das angeblich vom Alchemisten Sebalt Schwertzer (auch Sebald Schwärzer u.ä.) stammt. Enthält: 1. (A. J. Kirchweger?). Aurae Catenae Homeri Dritter Theil. De Transmutatione Metallorum. 49 S., 5 w. Bll. - Unvollständige Abschrift des dritten und letzten, 1726 gedruckten Teils der "Aurea Catena Homeri". - 2. P. Felgenhauer. Stella Vespertina. Zum erkentnüß der göttlichen und Natürlichen Weißheit ... Die erste und letzte Materia, Genealogia undt Geburth der Mineralien und Metallen ... ex autho grapho. 1656. copirt. 1 nn., 80 num., 1 w. Bl. - Keine Druckausgabe nachweisbar. - 3. Ders. Lucerna Sapientiae. Daß ist: Leuchte der Weisheit, Darinnen daß Große Geheimnus Gottes des Vatters und Christi offenbahret wierd ... Gedruckt vor den Autor zu Amsterdam, Im Jahr: 1654. 92 Bll. (l.w.). - Vgl. Dünnhaupt 1469f., 32. - 4. Ders. Der Weißheit Morgenröthe; Daß ist Von den dreyen Principiis ... Im Geheimnus der Weißheit ... Als Physisophia, Theologia und Theosophia ... in Philadelphia 1628. gedruckt. 165 S. - Vgl. Dünnhaupt 1463f., 14. - Erstmals 1628 in Magdeburg erschienen, der Titel der frühen Ausgaben beginnt: "Aurora sapientiae...". - 5. Ders. Sphaera Sapientiae in Ostio Aperto. Die Sphaer oder Circkel der Weißheit in einer offenen Thür ... Gedruckt ... 1650. Mit 1 ganzs. Federzeichnung. 146 S. - Vgl. Dünnhaupt 1467, 24. - 6. Alchymia vera ... Jetzo aber zum andern mahl auffgeleget, und mit vielen schönen Tractätlein vermehret ... durch I.P.S.H.M.S. Mit 1 ganzs. Federzeichnung. 12 Bll., S. 31-233. - Vgl. VD 17 3:604671Y. - Abschrift der Sammelausgabe von alchemistischen Abhandlungen. Die Federzeichnung gibt den im Buch enthaltenen Holzschnitt wieder. - Paul Felgenhauer (1593-1677?) stammte aus Böhmen, studierte in Wittenberg Theologie und führte, mehrfach verfolgt, ein unstetes Leben, vor allem in Norddeutschland, zuletzt lebte er als Arzt in Bremen. "F. war Schwärmer mit pantheistischer, mystischer, chiliastischer und synkretistischer Neigung, der alles in triadische Systeme preßte. Er bekämpfte alle Kirchen, wollte selbst jedoch weder Sektenstifter noch himmlischer Prophet sein und auch keine Visionen gehabt haben" (NDB V, 69). - Zwischen Nr. 5 und Nr. 6 ist gebunden: "deß Seebaldt schwärtzerß Manuscriptu(m). mihi a d(octo)re fritschio (?) communicatu(m)". Mit 1 zweifarbigen Federzeichnung im Text. 1 Bl., 93 S. - Dieses Manuskript besteht aus zwei Teilen. Der erste umfasst 33 Paragraphen, darunter "Von d(er) Austziehung od(er) [Sublima]tion de [Mercu]rii auß seinem Calce", "Von der Multiplication dieses aller edelsten Philiosophisch(en) Öels", "Fulmen infernale", "Lutum, die phiolen od(er) Kolben in Reverberation damit zu sigilliren od(er) tzu zuschmelzen" und "Oleum Philosphor: so alle [gol]dichte [sulfu]ra extrahirt". Die Federzeichnung zeigt den "Abriß des Ofens zum Lampen[feuer]". Der zweite Teil hat den Titel "Opus philosophicu(m) sive Elaboratio Naturalis arcani nostri Benedicti", ist ebenfalls auf deutsch verfasst und hat 15 Paragraphen. Er ist offenbar ein Anleitung zur Herstellung von Gold, unter den Paragraphen "Composition u. Elaboration d(er) Philosophischen Tinctur", "Vortheile, wodurch Einige Subsistence zu haben bis zur Verfertigung des Steins" und "Anmerckung von dem (was) sich bey geschehner arbeyt getzeiget". Zu Sebalt Schwertzer (1552-1598), Kaufmann, sächsischer Hofalchemist und am Ende seines Lebens kaiserlicher Berghauptmann in Joachimsthal, vgl. ADB XXXIII, 436ff. Ob die Texte wirklich ursprünglich von Schwertzer stammen, ist zu beweifeln (in Chrysopoeia Schwaertzeriana. Das ist: Sebaldi Schwaertzers ... Manuscripta, Von der Wahrhafften Bereitung des Philosophischen Steins. Hamburg 1718 ist der Text so nicht enthalten). Das vorliegende Manuskript kann jedenfalls erst im 18. Jahrhundert entstanden sein, denn § 33 heißt "Des P. Hercules Fleel Pfarrherrn zu Falkenberg Particular". Christoph Herkules Flöhl ist 1719 als katholischer Pfarrer in Falkenberg (Oberpfalz) nachweisbar.
Insgesamt stellenw. etwas fleckig, vereinzelt stärker gebräunt; hier u. da angeschnitten, auch mit Textverlust, besonders der Band mit Briefen; der 1. u. der 3. der beschriebenen Bände zu Beginn u. am Ende mit Wurmspuren.