Los 1 *
Albrecht, Jüngerer Titurel. 2 Bll. Um 1300
verkauft



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Auktionsablauf:
23.04.2024 / Los 1-72 / Sitzungsbeginn 10.00 Uhr
Sigune und Artus
Albrecht. Jüngerer Titurel. Mittelhochdeutsche Handschrift auf Pergament. 2 Fragmente mit je 2 Spalten, unabgelöst als Spiegel eines leeren flexiblen Pergamenteinbands, außerdem 1 schmaler, fast loser Streifen, der recto u. verso 2 Zeilen von je 2 Spalten umfasst. Um 1300. Blattgröße ca. 130:190 u. 149:190 mm, Schriftraum zwischen ca. 95:65 u. 110:65 mm. 17-18 Zeilen. Gotische Minuskel in brauner Tinte, zweizeilige Initialen in Rot oder Blau. Regliert. Strophen abgesetzt, Verse nicht abgesetzt.
Vgl. W. Wolf (Hrsg.). Albrechts von Scharfenberg Jüngerer Titurel. Bd. II/1 (Berlin 1964), S. 117-122 (Text); dass., Bd. I (Berlin 1955), S. CII, Nr. 51 (Beschreibung des Berliner Fragments); K. Klein. Beschreibendes Verzeichnis der Handschriften (Wolfram und Wolfram-Fortsetzer), S. 970, JT-Fragm. 51 (Berliner Fragment). In: J. Heinzle (Hrsg.). Wolfram von Eschenbach. Ein Handbuch. Berlin u. Boston 2011 sowie Verfasserlexikon I, 158ff. - Zwei Fragmente aus dem 'Jüngeren Titurel', mit dem der unvollendete, um 1220 entstandene 'Titurel' Wolframs von Eschenbach fortgesetzt wurde. Dieser handelt vom Geschlecht der Gralkönige und der Liebe zwischen Sigune und Schionatulander, deren Ende aus dem 'Parzival' bekannt ist - Schionatulander wird im Zweikampf getötet, Sigune lässt sich in einer Klause einmauern. "In der zweiten Hälfte des 13. Jh.s verfaßte ein Dichter, von dem nur der Vorname Albrecht bekannt ist, den sog. 'Jüngeren Titurel', in dem er die alten Fragmente zu einem Schionatulander-Gral-Roman von über 6000 Strophen verarbeitete. Dieses Werk wurde zu einem der größten literarischen Erfolge des Spätmittelalters. Albrecht hat sich nicht nur in Diktion und Stil eng an Wolfram angeschlossen, sondern hat auch unter dessen Namen gedichtet; und diese Autorfiktion war so überzeugend, daß niemand im Spätmittelalter an Wolframs Verfasserschaft gezweifelt hat" (KNLL XVII, 812f.). Erst gegen Ende seines um 1270 verfassten Werks nennt sich der Verfasser an einer Stelle als Albrecht. Dass er identisch sei mit Albrecht von Scharfenberg, dem Verfasser von mehreren, nur indirekt überlieferten mittelhochdeutschen Werken zum Artuskreis, wird heute eher verneint.
Bei den vorliegenden Fragmenten handelt es sich um die jeweils unteren Hälften von 2 aufeinanderfolgenden Blättern. Die sichtbaren Seiten - eine Rück- und eine Vorderseite - enthalten die vollständigen Strophen 2423/2424, 2428/2429, 2434/2435 und 2410/2411 (Zählung der maßgeblichen Ausgabe von Wolf/Nyholm), andere Strophen sind teilweise erhalten. Die Fragmente stammen aus derselben Handschrift wie das in der Staatsbibliothek Berlin verwahrte Blatt mit der Signatur Ms. germ. fol. 757, Bl. 23. Aus dessen Beschreibung durch Wolf: "Die Schrift, eine saubere, schmucklose gotische Minuskel gehört der Wende des 13./14. Jhs. an; die Sprache, an sich kaum vom mittelhochdeutschen Normalidiom abweichend, muß wegen regelmäßig vorkommendem 'de' und 'se' anstatt 'die' und 'sie' in Mitteldeutschland angesetzt werden". Die ursprüngliche Höhe der Blätter dieser Handschrift betrug ca. 240 mm, die des Schriftspiegels ca. 205 mm, die Anzahl der Zeilen pro Spalte war etwa 36.
Während das Berliner Fragment aus dem ersten Abschnitt des 'Jüngeren Titurel' stammt, gehören die vorliegenden Fragmente in den vierten Abschnitt, ein "Zwischenstück: konkurrierender Vergleich christlicher und heidnischer Ritterwelt" (Verfasserlex. 163), in dem u.a. Artus dem König von Marroch gegenübergestellt wird. Sigune und Artus werden bei uns namentlich genannt. - Für entscheidende Hinweise zu dieser Beschreibung danken wir Herrn Dr. Klaus Klein, Marburg, sehr herzlich.
Die Fragmente etwas gebräunt u. leicht fleckig; der Einband stärker gebräunt, Rücken lädiert. Papierrückenschild des 19. Jh. ("Doctor Martin Luther 1531").